Bei einem Indexmietvertrag wird die Miethöhe durch die Entwicklung des Verbraucherpreisindexes (VPI) beeinflusst. Der VPI ist ein Indikator, mit dem die Veränderungen der Lebenshaltungskosten in privaten Haushalten erfasst werden. Steigt der VPI, so hat der Vermieter das Recht, die Miete einmal pro Jahr zu erhöhen. Ein sinkender VPI hingegen räumt dem Mieter die Möglichkeit ein, eine Mietermäßigung einzufordern. In Zeiten mit einer hohen Inflationsrate sind Indexmietverträge für Vermieter profitabel und für Mieter eine Kostenfalle.
Was ist ein Indexmietvertrag? Rolle der ortsüblichen Vergleichsmiete, der Mietpreisbremse und des VPI
Zu Beginn eines Indexmietvertrags wird die Ausgangsmiete festgesetzt. Bei der Bestimmung der Miethöhe sind die ortsübliche Vergleichsmiete und die Mietpreisbremse zu berücksichtigen. Sobald Mieter und Vermieter den Indexmietvertrag geschlossen haben, sind die ortsübliche Vergleichsmiete und die Mietpreisbremse nicht mehr relevant. (§ 557b Abs. 4 BGB). Von nun ist die Entwicklung des VPI bei der Umsetzung von Mieterhöhungen und -ermäßigungen maßgeblich.
Definition: Verbraucherpreisindex (VPI)
Der VPI ist der „Preisindex für die Lebenshaltung aller privaten Haushalte in Deutschland“ und wird vom Statistischen Bundesamt bekanntgegeben. Eng verbunden mit dem VPI ist der Begriff „Inflation“. Die prozentuale Änderung, die der VPI im Vergleich zum Vorjahresmonat verbucht, wird nämlich als Inflationsrate bezeichnet. Um ein Beispiel anzuführen:
- Im September 2022 lag der VPI bei 121,1 Punkten, wie einer Pressemitteilung des Statistischen Bundesamts zu entnehmen ist.
- Vor einem Jahr, im September 2021, betrug der VPI 110,1 Punkte. (siehe Grafik in derselben Pressemitteilung).
- Errechnet man die prozentuale Steigerung von 110,1 auf 121,1 Punkte, so kommt man auf rund 10 %. Dies ist die Inflationsrate in Deutschland im Zeitraum von September 2021 bis September 2022.
Die Punktzahlen des VPI – auch „Indexstand“ genannt – sind bei Änderungen der Miethöhe im Rahmen eines Indexmietvertrags unverzichtbare Kennzahlen. Angesichts des zwischen September 2021 und September 2022 gestiegenen VPI hätte der Vermieter das Recht, die Miete um 10 % zu erhöhen. Eine Voraussetzung hierfür ist, dass in den letzten 12 Monaten keine Mieterhöhung stattfand. Geregelt ist die Indexmiete in § 557b des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB).
Ehe auf die gesetzlichen Bestimmungen zur Indexmiete eingegangen wird, wird die Formel zur Berechnung der Indexmiete erläutert. Die korrekte Anwendung der Formel ist sowohl für Vermieter als auch für Mieter wichtig.
Wie lässt sich die Indexmiete berechnen?
Vermieter müssen mit der Berechnung der Indexmiete vertraut sein, um die Mieterhöhungen korrekt vorzunehmen. Weil die Berechnungen der Vermieter dennoch falsch sein können, ist es für Mieter ebenfalls wichtig, sich mit der Berechnung der Indexmiete auszukennen. Dann sind Mieter imstande, die schriftliche Mieterhöhung des Vermieters zu kontrollieren. Falls in den Berechnungen des Vermieters Fehler sind, ist die Erklärung der Mieterhöhung rechtlich unwirksam.
Formel zur Berechnung der Indexmiete:
(neuer Indexstand / alter Indexstand x 100) – 100 = Indexsteigerung (in Prozent)
Begriffserklärungen:
- Neuer Indexstand: Wenn beispielsweise im September 2021 eine Mieterhöhung vorgenommen werden soll, ist der Indexstand von September 2021 der neue Indexstand.
- Alter Indexstand: Falls das Mietverhältnis z. B. im Mai 2018 begann und seitdem keine Mieterhöhung stattfand, ist der Indexstand von Mai 2018 der alte Indexstand.
- Indexsteigerung (in Prozent): Diese gibt an, um wie viel Prozent höher der neue Indexstand im Verhältnis zum alten Indexstand ist. Um diesen prozentualen Wert steigt die Miete im Falle einer Mieterhöhung.
Rechenbeispiel:
Im Mai 2018 wurde ein Indexmietvertrag geschlossen. Die Kaltmiete belief sich auf 700 Euro. Der VPI betrug 103,9 Punkte.
Nun, am 20. Oktober 2021, kündigt der Vermieter eine Mieterhöhung an. Dabei legt er den VPI aus September 2021 zugrunde. Dieser liegt bei 110,1 Punkten.
Mithilfe der Formel lässt sich die prozentuale Steigerung des VPI im Zeitraum zwischen Mai 2018 und September 2021 berechnen:
(110,1 / 103,9 x 100) – 100 = 5,97
Die Miete steigt um den Prozentwert, um den der VPI seit Beginn des Mietvertrags gestiegen ist: um 5,97 Prozent von 700 Euro auf 741,79 Euro. Um den Anstieg der Miete zu errechnen, wird die bisherige Miete in Höhe von 700 Euro anstelle des Prozentwerts (5,97 %) mit der Dezimalzahl (0,057) multipliziert: 700 Euro x 0,057 = 41,79 Euro.
Hinweis: Sollte während des Mietverhältnisses, z. B. im Januar 2020, eine Mieterhöhung durch den Vermieter vorgenommen worden sein, dann wird für die Berechnung der Mieterhöhung als alter Indexstand der VPI vom Januar 2020 genutzt.
§ 557b BGB: Bestimmung der Ausgangsmiete, Vorschriften zur Mietänderung und weitere Informationen
In § 557b BGB sind die gesetzlichen Bestimmungen zur Indexmiete aufgeführt. Ein Indexmietvertrag muss in schriftlicher Form abgeschlossen werden. Dabei ist klar zu formulieren, dass der „vom Statistischen Bundesamt ermittelte Preisindex für die Lebenshaltung aller privaten Haushalte in Deutschland“ zur Bestimmung der Miete genutzt wird. (§ 557b Abs. 1 BGB).
Um die Anforderungen an eine schriftliche Form zu erfüllen, kann der unterschriebene Mietvertrag eingescannt und unterschrieben per E-Mail verschickt werden.
Änderungen der Miete fast ausschließlich auf Basis des VPI
Während der Dauer des Indexmietvertrages muss die Miete mindestens 12 Monate unverändert bleiben. (§ 557b Abs. 2 Satz 1 BGB). Wenn der Vermieter im Dezember 2021 die Miete zuletzt erhöht hat und diese im Oktober 2022 erneut erhöht, ist dies rechtswidrig und rechtlich unwirksam.
Ausgenommen von dieser Bestimmung sind Mietänderungen nach Modernisierungsmaßnahmen und aufgrund von Veränderungen der Betriebskosten. (§ 557b Abs. 2 Satz 1 BGB). Hierbei ist zu beachten, dass Modernisierungsmaßnahmen bei einem Indexmietvertrag nur unter folgender Voraussetzung zu einer Mieterhöhung führen dürfen: Die baulichen Maßnahmen müssen aufgrund von Umständen durchgeführt werden, die der Vermieter nicht selbst zu verantworten hat. (§ 557b Abs. 2 Satz 2 BGB). Wird eine Modernisierung z. B. aufgrund gesetzlicher Verpflichtungen oder wegen der Forderungen des Mieters vorgenommen, so darf gemäß § 558 BGB eine Mieterhöhung nach Modernisierungsmaßnahmen erfolgen.
Eine Mieterhöhung zur ortsüblichen Vergleichsmiete ist bei einem Indexmietervertrag von vornherein ausgeschlossen. (§ 557b Abs. 2 Satz 3 BGB).
Erklärung der Mieterhöhung und Zeitpunkt zur Zahlung der geänderten Miete
Mieterhöhungen muss der Vermieter dem Mieter in Textform mitteilen. (§ 557b Abs. 1 Satz 1 BGB). Es ist erforderlich, dabei folgende Angaben zu machen:
- Änderung des Preisindexes (prozentuale Änderung des VPI seit Beginn des Mietverhältnisses oder dem Zeitpunkt der letzten Mieterhöhung im Vergleich zum aktuellen Zeitpunkt).
- Neue Miethöhe oder Betrag, um den sich die bisherige Miete erhöht (§ 557b Abs. 1 Satz 2 BGB).
Die Tatsache, dass das Gesetz lediglich eine Erklärung „in Textform“ und nicht in schriftlicher Form verlangt, hat zur Folge, dass die Mitteilung über die Mieterhöhung auch per E-Mail erfolgen darf.
Der Mieter hat keinerlei Widerspruchsrecht. Er ist dazu verpflichtet, ab dem übernächsten Monat die geänderte Miete zu entrichten. Als Maßstab dafür, wann der übernächste Monat ist, gilt der Zeitpunkt, an dem die Erklärung der Mieterhöhung bei dem Mieter eingeht. (§ 557b Abs. 1 Satz 3 BGB).
Wenn der Vermieter z. B. am 28. Oktober 2022 die Erklärung über die Mieterhöhung an den Mieter verschickt und dabei die erforderlichen Angaben tätigt, muss der Mieter ab dem Monat Dezember 2022 die erhöhte Miete zahlen.
Der Indexmietvertrag unter dem Blickpunkt der hohen Inflation: Nachteile für Mieter dominieren
Obwohl dem Vermieter das Recht zusteht, die Miete alle zwölf Monate zu erhöhen, muss er dies nicht tun. Laut Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 26. Mai 2021 ist es dem Vermieter gestattet, die Miete erst nach einem längeren Zeitraum als nach den zwölf Monaten zu erhöhen oder komplett auf eine Mieterhöhung zu verzichten. (Aktenzeichen VIII ZR 42/20).
Wichtig für die Kostenkalkulation von Mietern ist unter dem Blickpunkt dieses Urteils, dass nach mehreren Jahren ohne Mieterhöhung mit einem umso stärkeren Anstieg der Indexmiete zu rechnen ist, sofern der VPI im Verlaufe der Jahre deutlich gestiegen ist. Mieter sollten daher, auch wenn keine Mieterhöhung erfolgt, den VPI auf der Website des Statistischen Bundesamts nachlesen und nachrechnen, um welchen Betrag der Vermieter die Miete jederzeit erhöhen könnte. Es ist klug, finanziell jederzeit auf eine bevorstehende Mietsteigerung vorbereitet zu sein. So gehen Mieter dem Risiko aus dem Weg, durch plötzlich und erheblich steigende Lebenshaltungskosten finanziell unerwartet unter Druck zu geraten.
Für Mieter ist es nicht nur aufgrund einer möglichen Mieterhöhung sinnvoll, sich regelmäßig über den VPI zu informieren und die Indexmiete selbst zu berechnen. Mieter haben nämlich bei einem sinkenden VPI das Recht dazu, vom Vermieter eine Mietermäßigung einzufordern. Hierzu wird in einer E-Mail oder in einem Brief auf den gesunkenen VPI hingewiesen. Gesunken ist der VPI in den letzten Jahrzehnten in Deutschland allerdings in keinem Jahr; von einem sinkenden VPI ist außerdem in den nächsten Jahren nicht auszugehen.
Angesichts der Tatsache, dass Mieterhöhungen bei steigendem VPI unvermeidbar sind und bei einer 10 % hohen Inflation (Stand: Oktober 2022) erheblich ausfallen, stellt sich die Frage nach dem Mieterschutz.
- Mietpreisbremsen gelten nur bei der Festlegung der Ausgangsmiete. Bei den Mieterhöhungen durch einen steigenden VPI haben sie keinerlei Bedeutung.
- Die Kappungsgrenzen – beispielsweise, dass die Miete im Verlauf von drei Jahren um maximal 20 Prozent steigen darf – gelten bei Indexmietverträgen nicht.
- Das Gesetz gegen sittenwidrige Rechtsgeschäfte bietet Mietern einen potenziellen Schutz. Es schützt gegen Wucherpreise. (§ 138 BGB).
Wann die Indexmiete eine Höhe erreicht, bei der man von einem Wuchergeschäft sprechen kann, ist nicht definiert. Zudem ist in § 138 BGB nicht explizit von Mietpreisen die Rede. Es ist anzunehmen, dass wenn die Indexmiete aufgrund zunehmender Inflation auf ein Niveau von z. B. 40 % oberhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete steigt, ein Wuchergeschäft vorliegt. Mieter könnten allerdings schon bei einer Indexmiete, die 20 % oberhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete liegt, mit Verweis auf § 138 BGB gerichtlich gegen die Mieterhöhung vorgehen und sich durchsetzen.
Für Mieter überwiegen bei der Indexmiete seit 2022 die Nachteile
Bis zum Jahr 2022 stieg die Inflationsrate langsamer als die ortsüblichen Vergleichsmieten an. Dies machte einen Indexmietvertrag für Mieter vor allem in Großstädten und Ballungsräumen lohnend, denn die Mieter waren durch Mieterhöhungen aufgrund der dynamisch steigenden ortsüblichen Vergleichsmieten geschützt.
Seit 2022 ist der Indexmietvertrag für Mieter zu einer Kostenfalle geworden. Sie sind gegen die immensen Mieterhöhungen durch die zunehmende Inflation gesetzlich kaum geschützt. Anders verhält es sich bei den Vermietern, die die Indexmiete im Jahresabstand steigern und somit ihren Profit aus der Vermietung erhöhen können.